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Enzyklopädie des Eisenbahnwesens

Aus der Reihe "Modellbahnfroklers Bücherbrett"

Rezensent: Frank Wieduwilt <frankw@modellbahnfrokler.de>

Victor Röll:
Enzyklopädie des Eisenbahnwesens,
10 Bände, Berlin und Wien 1912ff.

Überblick

Die Enzyklopädie des Eisenbahnwesens erschien in den Jahren 1912 bis 1924 in zehn Bänden in zweiter Auflage. Victor Röll, der Herausgeber, arbeitete in der Verwaltung der Österreichischen Eisenbahnen und wollte ein Nachschlagewerk schreiben, das alle Bereiche des Eisenbahnwesens umfasste. Die erste Auflage der Enzyklopädie des Eisenbahnwesens erschien 1895. 1912 begannen Röll und eine Gruppe von Fachredakteuren eine Neuauflage, deren Erscheinen sich aufgrund des Ersten Weltkrieges bis 1924 hinzog.

"So eine alte Schwarte – was soll ich denn bloß damit?" wird sich jetzt sicher mancher Leser fragen. Die Antwort ist einfach: Lernen, lernen, lernen.

Im Röll wird wirklich jeder Aspekt des Eisenbahnwesens beleuchtet: Die Stichworte reichen von "Abdeckung von Bauwerken" bis "Zwischenstation", man erfährt alles über Zugbildungsvorschriften, kann nachlesen, wie ein Überdruckventil funktioniert, wie das Gefälle eines Ablaufberges berechnet wird, es gibt zahlreiche wunderschöne Zeichnungen von Lokomotiven, Güter- und Personenwagen, Gleispläne von großen und kleinen Bahnhöfen und Gebäudezeichnungen. Auch das Signalwesen, Nachrichtenübermittlung, Eisenbahnrecht, Verladevorschriften und Eisenbahnpolitik werden beschrieben.

Technisch Interessierte finden in diesem Werk auch Funktionsbeschreibungen von Dampf- und Elektrolokomotiven, Bremsanlagen und anderen Einzelheiten.

Zu jedem Stichwort findet sich ein ausführlicher Artikel. Alle Artikel sind verständlich geschrieben, so dass auch Nicht-Techniker sie verstehen können. Komplizierte Sachverhalte werden mit Zeichnungen veranschaulicht.

Zusätzlich zu den Artikeln finden sich Karten fast aller Länder der Erde mit ihren Eisenbahnnetzen, die Enzyklopädie des Eisenbahnwesens ist also auch ein Eisenbahnatlas. Berühmte Konstrukteure und Erfinder werden mit Biographien vorgestellt.

Beispiel

Als Beispiel sei hier ein Ausschnitt aus dem Artikel zum Thema "Bremsen" (im Original etwa 20(!) Seiten lang) vorgestellt:

Bremsen

[...]
Druckluftbremsen sind B., die durch verdichtete Luft in Bewegung gesetzt werden.
Bei allen zurzeit in Verwendung befindlichen Systemen von Druckluftbremsen befindet sich auf der Lokomotive eine mit Dampf betriebene Luftpumpe, ein Behälter zum Ansammeln der verdichteten Luft und ein Bremsventil, das die den ganzen Zug entlang führende Hauptrohrleitung entweder mit dem Behälter oder mit der äußeren Luft in Verbindung setzt.
Zur Verbindung der Leitungsrohre der Fahrzeuge untereinander dienen biegsame Schläuche mit lösbaren Kupplungen.
Von der Hauptleitung führt unter jedem bremsbaren Fahrzeug eine Abzweigung zu dem an diesem Fahrzeug angebrachten Bremszylinder mit Kolben. Die Kolben, die mit dem Bremsgestänge verbunden sind, vermitteln durch den auf sie ausgeübten Druck das Anziehen der B.

[...]

[Westinghouse-Einkammer-Druckluftbremse]

Bei dieser ist die zum Bremsen nötige Kraft an jedem bremsbaren Fahrzeug aufgespeichert und gelangt nur bei der Bremsung zur Auslösung; hierdurch wird eine raschere Wirkung gegenüber der nicht selbstätig wirkenden Druckluftbremsen erzielt.
Bei den selbstätig wirkenden Einkammer-Druckluftbremsen kommt als wesentlicher Bestandteil an jedem bremsbaren Fahrzeug zu dem Bremszylinder noch der Hilfsbehälter hinzu.
Zwischen dem Bremszylinder und dem Hilfsbehälter liegt ein Steuer- (Funktions-) Ventil.
Bei der Fahrt mit offener B. ist der Haupt-Luftbehälter in Verbindung mit der Hauptleitung und den Hilfsbehältern. Wird nun die Spannung der Luft in der Hauptleitung vermindert, sei es durch Anwendung des Bremsventils, sei es durch zufälliges oder beabsichtigtes Herstellen einer Verbindung mit der Außenluft an irgend einer Stelle der Hauptleitung, so werden dadurch die B. betätigt.
Das Lösen der B. geschieht durch Wiederherstellung eines entsprechenden Drucks in der Hauptleitung.

[...]

Schema der Westinghouse-Bremse
Abb. 1: Schema der verbesserten Westinghouse-Druckluftbremse, zum Vergrößern einfach draufklicken.

Weitere Beispiele für die im Röll enthaltenen Zeichnungen findest Du in der Rubrik "Ein Leben ist viel zu kurz". Wir stellen dort einige zum Teil kuriose, auf alle Fälle aber nachbauwürdige Güterwagen vor.

Fazit

Die Enzyklopädie des Eisenbahnwesens ist für alle Modellbahner, die sich mit Modellbahnen der Epochen 1 und 2 beschäftigen, ein Muss. Aber auch Freunde der Epoche 3 kommen nicht zu kurz, viele Fahrzeuge liefen schließlich auch noch in den fünfziger und sechziger Jahren und etliche Hochbauten waren damals noch in Betrieb. Auch die Funktionsweise von Dampfloks hat sich zwischen 1912 und 1960 nicht mehr groß verändert.

Woher nehmen?

Ein vor bald neunzig Jahren erschienenes Buch steht naürlich nicht in jeder Bibliothek herum. Ich benutze den Röll aus der Staatsbibliothek in Berlin - es lohnt sich, in Antiquariaten mal nachzufragen, gelegentlich gibt es die Bände dort zu kaufen. Im Januar war in verschiedenen Modellbahnzeitschriften zu lesen, dass der Röll neu aufgelegt werden soll. Pro Band sind dann 98 Mark fällig.

Die Suche hat ein Ende: die DVD

Lange hat es gedauert, aber das Warten hat sich gelohnt: der Röll ist nun auch als DVD zu haben! Erstmal die technischen Daten:

Enzyklopädie des Eisenbahnwesens
Herausgegeben von Dr. Freiherr v. Röll
Zweite, vollständig neubearbeitete Auflage
DVD-ROM-Ausgabe
Neusatz und Faksimile
Directmedia Publishing – Berlin 2007
Zeno.org Sonderband
Redaktion:
   Wilhelm Bachmann,
   Marie Endres,
   Martina Gödel
Copyright 2007: Directmedia Publishing GmbH, Berlin
ISBN: 978-3-89853-091-0

Die Umsetzung ist sehr sorgfältig vorgenommen. Es handelt sich nicht um einfache Scans des Originalwerkes, sondern um neu gesetzte Texte, die man per Copy & Paste in andere Programme hieven kann. Auch die Bilder sind problemlos abspeicherbar. Eine ordentliche Suchfunktion nebst Stichwort- und Abbildungsverzeichnis ist ebenfalls vorhanden, genau wie Lesezeichen, Markierungen und dergleichen.

Besonders die Zitatfunktion hat mich beeindruckt: wenn man per Copy & Paste Texte in andere Programme übernimmt, wird automagisch ein Quellennachweis ans Zitat gehängt. Nette, wenn auch nicht ganz uneigennützige Arbeitserleichterung. Und wenn man in eine Textverarbeitung o.ä. kopiert, kommen auch die Textauszeichnungen mit. Sehr hübsch gemacht.

Nach kostenloser Registrierung kann man das Werk auf die Festplatte installieren. Es läuft dann auch ohne die Original-DVD im Laufwerk (bzw. auf Netbooks o.ä. auch ohne das Laufwerk ;-).

Und quasi als Zugabe (wenn auch von der Datenmenge her der Löwenanteil der knapp drei Gigabyte auf der DVD) sind dann die Scans der Originalseiten unter dem Menüpunkt "Faksimile" auch vorhanden. So kann man sich an der schönen Optik der Bücher erfreuen, ohne bei der täglichen Arbeit mit dem Werk davon behindert zu werden – eine perfekte Lösung! (Bei der Festplatteninstallation werden diese Daten nicht mitinstalliert, sie lassen sich aber durch simples Kopieren der Dateien von der DVD ins gleichnamige Verzeichnis auf der Festplatte nachrüsten und funktionieren dann wie selbstverständlich auch ohne die DVD.)

Einziger Wermutstropfen: Ohne Windows (oder laut DVD-Hülle Mac, das hab ich aber nicht getestet) geht's nicht. Die Systemanforderungen (486er mit 64 MB RAM und Windows 98) sind aber bescheiden und die Software sonst freundlich genug, um mich bezüglich der Lauffähigkeit auf einschlägigen PC-Emulatoren sehr zuversichtlich zu stimmen. Wer da mehr weiß, der schreibe uns gerne, ich werde die Informationen dann hier ergänzen.

Fazit zur DVD

So möchte man das haben! Sowohl Originallayout als auch sauber umgesetzte digitale Version von Text und Bild, gute Such- und Verwaltungsfunktion, kein Kopierschutzgerödel – perfekt! Und das gesparte Geld gegenüber der Papierversion nimmt man natürlich auch gerne mit.


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Zuletzt bearbeitet am 25. Dezember 2009   Technische Probleme? Mail an Webmaster