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Nadelbäume selbstgefrokelt

Von Harald Kiel <harald.kiel@modellbahnfrokler.de>

Warum der Spaß?

Klar, diese Frage stellt man sich sicher öfter. Wenn man schaut, was hier so alles gefrokelt wird, sicher noch öfter.
Eine einfache Antwort: Der Spaß macht Spaß!

Bäume selber bauen hat jedoch noch einige praktische Aspekte: Zum einen kann man den Baum wirklich so gestalten, wie man ihn braucht. Das heißt, daß man Bäume am Hang wirklich als solche bauen kann. Bäume, die neben einem Haus emporwachsen, können an der Gebäudeseite weniger Äste haben – was natürlich auch gilt, wenn mehrere Bäume dicht nebeneinanderstehen. Und man kann prima verkrüppelte oder halb abgestorbene Bäume darstellen (ohne jetzt das Waldsterben nachbilden zu wollen).

Der zweite Aspekt war für diese Seite aber entscheidender: Man kann Geld sparen, indem man selber etwas Arbeit investiert. Das gilt auch für Laubbäume, speziell aber für diese Möglichkeit, Nadelbäume selber zu bauen.
Für wirklich überzeugende Nadelbäume gibt es eigentlich zwei Methoden, die beide auf Materialien von nicht gerade sehr günstigen Herstellern zurückgreifen: Man kauft einen Baumbausatz von Silhouette (die noch teureren Fertigbäume mal außer Acht gelassen) oder man baut einen Rohling für Stamm und Äste und nutzt das Material von Silflor.
Den Rohling brauchen wir hier auch (die Technik ist ja allgemein verwendbar und sicher auch bekannt), aber die Benadelung machen wir auch selber!

Das Ganze geschieht am Beispiel einer Fichte ...

1. Wir drillen

Erster Schritt ist die Erstellung des oben angesprochenen Rohlings. Hierzu nimmt man zwei Stück Blumendraht, wobei die Länge desselben natürlich von der Höhe des zu bauenden Baumes abhängt. Der Draht ist etwa 1,5 mm stark und in Baumärkten zu bekommen.

Nachdem man ein gewisses Stück (etwa 2 cm) gedrillt hat, greift man sich ein Bündel Myrthendraht (gibt's auch im Baumarkt, etwa 0,5 mm dick), und hält dieses zwischen die beiden dicken Drähte. Die Anzahl der Myrthendrähte entspricht der doppelten Anzahl Äste, die hier später wachsen. Die Myrthendrähte sollten etwa 6 bis 8 cm lang sein (Abschneiden ist einfacher als Verlängern).

Beachte, daß wir die Fichte von unten nach oben bauen!
Im unteren Teil der Fichte sind meist erst abgestorbene Ästchen (dazu später mehr), dann ein paar grüne und dann erst geht es mit der eigentlichen Krone los!

2. Wie man die Äste an den Baum bekommt

Das eine Ende des Büschels Myrthendraht wird jetzt mit den beiden dicken Drähten einige Windungen verdrillt, bis sie ein Stück höher eine ehrenvolle Aufgabe als weitere Äste bekommen. Nach oben hin sollten jetzt auch etwas längere Äste folgen, so daß wir mit etwas längeren Myrthendrähten weitermachen.

Jetzt nehmen wir wieder ein Bündel Drähte, deren Ende wir wieder ein paar Windungen mitnehmen. Die Anfänge dieser Drähte mit den Enden der letzten bilden später die Äste. Es gibt halb so viele Äste, wie dort jetzt Drähte hervorschauen – man sollte also ein wenig darauf achten, wie viele Drähte von welcher Länge man gerade am Wickel hat.

3. Noch mehr Äste

So geht es den ganzen Baum hinauf bis in die Spitze (wo zu den Myrthendrahtenden keine Myrthendrahtanfänge mehr dazukommen). In etwa sollten die Astlängen jetzt schon an eine Fichte erinnern, also nach oben auch wieder geringer werden.
wenn das nicht der Fall ist: Nicht weinen, das kriegen wir gleich hin!

An der Spitze der Fichte werden die beiden dicken Drähte des Stammes sauber abgezwackt. Der Stamm wird oben und unten gepackt und möglichst grade gezogen ... Fichten wachsen nun einmal nicht wie ein Korkenzieher in die Höhe.

4. Der Rohbau(m) ist fertig

Nun werden von den Ästen immer zwei miteinander verdrillt. Idealerweise immer ein Anfang und ein Ende; das muß aber nicht sein und geht auch nicht, wenn 4 Enden auf 6 Anfänge stoßen oder so.
Das ist sicher der nervigeste Teil bis hier, weil man sich den Wolf drillt. Die Alternative wäre, Äste an einen Stamm zu Löten. Aber warum Löten, wenn es auch so geht?

Für eine Hochstammfichte kommt jetzt noch ein Stück Rohr aus Polystyrol (es geht natürlich auch Messing), in das der Drillstamm von oben eingesteckt und -geklebt wird.
Der Außendurchmesser sollte etwas kleiner als die Stammdicke eines Baumes der inzwischen erreichten Höhe sein.

Ohne den Hochstamm spart man sich das Rohr, es wird der Drillstamm später direkt in den Untergrund gepflanzt.

5. Zum Friseur

Wenn das, was Du jetzt in der Hand hälst eher wie eine Klo- oder besser Drahtbürste aussieht, dann ist das halbwegs normal. Wir sorgen jetzt dafür, daß die Äste das richtige Ausehen für eine Fichte bekommen!

Das beste Vorbild für die Länge und die Wuchsrichtung der Äste ist natürlich die Natur ... also Augen auf beim Wandern, Zugfahren und wobei man sonst noch so die passenden Bäme sehen kann.

Die grobe Faustregel: Zur Spitze werden die Äste kürzer, weiter unten jedoch auch (gestrichelte Linie in der Zeichnung). Die Äste wachsen vom Stamm aus erst etwas nach unten, die Spitzen der Zweige weisen aber wieder leicht nach oben. Je weiter man zur Spitze kommt, desto mehr ist die Wuchsrichtung nach oben gerichtet.

Für eine Hochstammfichte schnappen wir jetzt noch einen kleinen Bohrer, machen ein paar Löcher in den Rohrstamm und stecken kleine Drahtstückchen hinein (festkleben, ist doch logisch!). Damit hätten wir auch die ganzen kleinen, abgestorbenen Ästchen, die sich üblicherweise am Stamm befinden.

Um in den nächsten Schritten besser zugreifen zu können, klebt man nun von unten ein Stück dicken Stahldrahts o.ä. in den Rohrstamm. Daran kann man den Baum besser festhalten, außerdem kann man ihn damit gut auf der Anlage pflanzen. Je nach Anlagenuntergrund sollte das Drahtstück unter Umständen länger sein. Eine feine Alternative ist das Einkleben eines Stückes Gewindestange – so kann man den Baum bequem von der Anlagenunterseite verschrauben!

6. Nun kommt die Rinde an die Reihe/an den Baum

Noch sieht man dem Gerippe vor uns sehr genau an, daß es aus verdrilltem Draht ist. Das ändern wir jetzt.
Der gesamte Stamm und alle Äste werden dünn aber deckend mit Weißleim eingestrichen. Dieser sollte nicht zu zäh sein (es bilden sich u.U. unschöne Knubbel), aber auch nicht zu flüssig (wenn er runtertropft, war er's).

In den Weißleim streut man (etwa mit einem Löffelchen) feinen Sand, einmal rundherum um den Baum. Da der Leim irgendwann antrocknet, sollte man immer etappenweise mit Leim einstreichen, Sand daraufstreuen, etwas warten, wieder leimen, Sand streuen usw.
Ganz zum Schluß läßt man dem Leim Zeit, ganz auszuhärten.

Ein besonderes Augenmerk sollte man hier und bei der Benadelung der Tarnung des Überganges zwischen Rohr- und Drillstamm widmen.

7. Jetzt wird's spannend

Nun könnte man eigentlich zum gekauften Nadelmaterial greifen, und das auf die Äste kleben (die man vorher dann braun färbt). Aber das tun wir eben nicht. Wir schnappen uns ein Netzgewebe, wie es z.B. im Gartenmarkt verkauft wird, um frisch eingesähte Beete vor hungrigen Vögeln zu schützen. Aber auch diverse Gemüse kann man in solchen Netzen finden, wobei die Maschenweite dann variiert. In meinem Netz (Maschenweite knapp 1 cm) steckte man ein Blumenkohl.


Abb. 1: Netz-Gewebe zur Darstellung der Ästchen

Man schneidet ein passiges Stück (rechteckig, 2 oder 4 Maschen breit, auf jeden Fall eine gerade Anzahl) aus dem Netz aus und klebt es (wie im Bild zu sehen) mit dem mittleren Faden auf den Ast.
Auch hier sollte man sich von den unteren Ästen bis nach oben hangeln, wobei natürlich die toten Ästchen entweder gar kein Netz abbekommen, oder nur sehr wenig.

An der Spitze gilt es, besonders sorgfältig vorzugehen, damit diese einigermaßen schick wird. Auch das obere Ende des Drillstammes bekommt etwas Netz ab.
Nochmal zur Klarheit: Das Netz imitiert noch nicht die Nadeln, sondern vielmehr die Ästchen, an denen die Nadeln wachsen!

8. Nochmal zum Friseur

Im nächsten Schritt schneiden wir nun das Netzgewebe so ein, daß es die Ästchen einer Fichte nachbildet, d.h.: Zum Stamm hin etwas schmaler, in der Mitte recht breit, zur Astspitze entsprechend spitz zulaufend.

Ebenso werden die Verbindungen des Netzes parallel zu unserem Drahtast durchgeschnitten (Pfeile in der Zeichnung).

9. Und etwas Styling

Jetzt wird der gesamte Baum (mit besonderem Augenmerk auf die eben aufgeklebten Ästchen noch einmal intensiv beaugapfelt und zurechtgezupft.
Die Ästchen hängen bei einer Fichte üblicherweise eher nach unten (Pfeile), bei einer Tanne bilden sie in etwa eine Ebene.

10. Makeup gehört zum Baum von Welt dazu

Jetzt müssen wir noch dafür sorgen, daß die Farbe des Baumes stimmt. Dazu sprüht man am besten ein Graubraun (auch hier in der Natur schauen) auf das gesamte Gerippe. Wer mag, kann noch ein paar Schattierungen nachfärben oder die Westseite des Stammes bemosen.
Anschließend lassen wir der Farbe ordentlich Zeit zum Trocken.

11. Wir kleben dem Baum eine

Wieder wird gesprüht! Diesmal allerdings mit Srühkleber. Dabei sollte der Baum so gehalten werden, daß nur die Äste Klebstoff abbekommen, der Stamm aber nicht. Eventuell schützt man Teile des Baumes mit einem Stück Papier.

12. Wie die Nadeln an den Baum kommen

Auf die klebrigen Äste kommen nun die Nadeln in Form von Grasfasern. Wie auch bei Anlegen von Wiesen etc. anzuraten, sollte man diese mit einer Flasche aufpusten.

Ja, und nach einem erneuten Trocknen ist die Fichte fertig und kann gepflanzt werden!

So geht das mit der Fichte, so geht es aber auch mit Tannen und (entsprechend im oberen Teil abgewandelt) mit Kiefern. Damit hätten wir die heimischen Nadelbäume doch schon fast abgedeckt, oder? Andere kann man sicher auch auf diese Weise in Angriff nehmen.


Abb. 2: Die fertige Fichte (links, das mittelgrüne Gras ist bei solche grellem Licht eindeutig zu hell, dunkelgrünes wirkt besser) neben einer mit Silflor-Material benadelten. Der Stamm des rechten Baumes besteht nur aus Draht (kein Rohrstamm).

 


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Zuletzt bearbeitet am 29. April 2002