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Offener Großviehwagen Ovw Würzburg von Fleischmann

Aus der Reihe "Modellkritik"

Von Erik Meltzer <ermel@modellbahnfrokler.de>

Vorwort

Es gab ja in früheren Epochen einige ausgesprochen knuffige Vorbilder, wie auch in unserer lange vernachlässigten Rubrik Ein Leben ist viel zu kurz schon häufig festzustellen war. Als Fleischmann dann ein solches herausbrachte, konnte ich mal wieder nicht widerstehen, obwohl meine damaligen Epoche-1-bis-2-Pläne mittlerweile beerdigt sind. Der Wagen ist aber trotzdem knuffig, deswegen soll er wenigstens hier gewürdigt werden.

Lob ...

Fleischmanns Ovw Würzburg
Bild 1: Der offene Großviehwagen Ovw Würzburg von Fleischmann

Insgesamt ein durchaus ansehnliches Modell hat Fleischmann da abgeliefert. Alles, was man von diesem Hersteller mittlerweile gewohnt ist, trifft auch auf den Würzburg zu: tadellose Verarbeitung, Lackierung und Beschriftung ebenso wie Maßhaltigkeit, prima funktionierende Kurzkupplungskulissen und sehr schöne und feine Gravuren. Soweit also alles im grünen Bereich.

Achshalter am Fleischmann-Ovw Würzburg Besonders hervorzuheben, ebenfalls wie gewohnt, sind die hervorragend gelungenen Achshalter, hier vorbildentsprechend in Fachwerkbauweise und mit (beim Vorbild) später nachgerüsteten Achslagern der Verbandsbauart. Genau so hat das auszusehen für ein Modell der Epoche 2, bravo! Die Achslager sahen bei Ablieferung indes deutlich anders aus, was bei allfälligen Epoche-1-Versionen zum Problem werden könnte. Aber die werden, da Sonderserie, ja trotzdem gekauft ;-)

Bild 2 zeigt einen Achshalter im Detail. Zum Vergrößern draufklicken (gilt auch für die folgenden Detailbilder).

Achshalter am Fleischmann-Ovw Würzburg Ebenfalls tadellos und deswegen ein Detail-Bild 3 wert: die Beschriftung. Ebenfalls erkennt man hier die wirklich hervorragenden Gravuren am Aufbau; man beachte etwa die Scharniere der Lüftungsklappe unter dem Hauptanschriftenfeld, die mit insgesamt je acht Schrauben (oder Nieten, keine Ahnung) befestigt sind. Ganz großes Kino. Klar, das ist heutzutage auch nix Besonderes mehr, aber man vergegenwärtige sich ruhig ab und zu, wieviel Aufwand das wäre, sowas selber frokeln zu wollen.

... Kritik ...

Trotzdem ist auch dieses Süppchen nicht frei von Haaren. Die sind zwar ausnahmslos der großserienmäßigen Fertigung des Modells geschuldet und insofern nichts, was man ihm oder seinem Hersteller besonders gezielt ankreiden will; trotzdem finde ich, auch angesichts solcher Supermodelle wie dem Brawa-Om 21, daß sich manch Hersteller, und gerade Fleischmann im Besonderen, vielleicht mal Gedanken zu machen anfangen sollte, ob nicht die 08/15-Konstruktionsstrategien vergangener Jahrzehnte doch allmählich mal auf den Prüfstand gehören.

Stirnseite des Fleischmann-Ovw Würzburg Einer dieser Punkte ist Fleischmanns Tendenz, alles und jedes wenn irgendwie möglich anzuspritzen, statt es einzusetzen. Klar, made in Germany, Lohnkosten, darf man nicht mit China-Modellen vergleichen, yadda yadda yadda, alles schon gehört. Aber entscheidend ist doch, was am Ende rauskommt! Und wenn das so aussieht wie in Bild 4, mit angespritzten "Griffblechen", einem äußerst schmerzhaft kantigen Querschnitt der wenigen freistehenden, eigentlich runden Griffstangen und kaum als solchen zu erkennenden Signalhalterknubbeln, dann geht die Einsparerei mit Verlaub zu weit. Dann lieber weglassen, oder noch lieber zur Selbstmontage beilegen, wenn man schon nicht ab Werk Steckteile anbauen zu können meint. Ich muß das alles wieder mühsam wegschaben! Hinzu kommen die viel zu dicken und innen völlig glatten Wände – toll ist irgendwie anders.

Dachbügel am Fleischmann-Ovw Würzburg Was sie nicht anspritzen können, wie hier in Bild 5 die Dachbügel, wird eben eingeklipst. Und so entstehen dann diese völlig vorbildfremden, klobigen Streben auf der Innenseite der Seitenwände zwischen den Bügeln: selbstverständlich ist es billiger und stabiler, zwei Bügel als ein Teil einzuklipsen statt einzeln. Genauso selbstverständlich sieht's aber auch bescheiden aus.

Noch schlimmer indes sieht die Innenseite des gleichen Wagens mit Bremserhaus aus (den ich deswegen auch nicht gekauft habe, daher keine Bilder, sorry). Das Bremserhaus sitzt beim Würzburg, genau wie bei G-Wagen aus jener Zeit, oben halb über der Wagenkastenoberkante und überragt die Stirnwand nach innen. Und was finden wir im Modell darunter? Rastnasen, mit denen das Bremserhaus durch Öffnungen in der Stirnwand eingeklipst ist! Das hätte man umgekehrt auch unsichtbar hinbekommen können, aber dann hätte man ja nicht das Teil vom G-Wagen unverändert übernehmen können. Schon klar.

... und Fazit

Sicherlich wird sich der geneigte Interessent von den genannten Kritikpunken nicht davon abhalten lassen, dieses Modell zu kaufen, wenn er es denn gebrauchen kann. Seh ich ja an mir. Aber trotzdem wird er vielleicht wie ich beim anstehenden Griffstangenwegschaben, Bretterfugennachritzen und Signalhalterlöcherbohren ein wenig vor sich hingrummeln, ob das denn bei einer relativ aktuellen Neukonstruktion wirklich immer noch sein müsse, daß man sowas selber richten muß, wenn's gut aussehen soll. Man verstehe mich nicht miß: klar macht mir sowas auch Spaß, aber es gibt ja nun wirklich genug alte Modelle, die dergleichen Aufmerksamkeit erfordern, als daß man nun unbedingt noch neue dazukonstruieren muß.

Und so bleibt bei aller Sympathie für das knuffige Vorbild und das nicht minder niedliche Modell ein schaler Beigeschmack. Vielleicht gehen die Jungs von Fleischmann ja doch mal in sich, gerade jetzt, wo sie mit Roco zusammengezogen sind ;-), die ja in punkto Ansteckteile schon seit vielen Jahrzehnten eine andere "Philosophie" (um dieses m.E. viel zu hochgestochene Wort auch mal zu verwenden) pflegen. Mit Wohlwollen erinnere ich mich an ausgedehnte Griffstangenmontageaktionen an preußischen Abteilwagen. Man stelle sich vor, das wär alles angespritzt gewesen! *grusel*

Und was, fragt der Leser vielleicht jetzt, was macht der Frokler ob der zu dicken und innen glatten Wände? Ignorieren? Aber nein. Ich werde den Weg des geringsten Widerstandes gehen und 'ne Plane über den Wagen werfen. Großvieh wird der in der Epoche 3a, in die er umbeschriftet werden wird, eh nicht mehr transportiert haben, sondern irgendwelche anderen, eher leichten Sachen. Und die sind halt in diesem Falle nässeempfindlich, fertig aus. Interessant genug wird der Wagen m.E. trotzdem wirken, erst recht wenn die Plane zwischen den Dachbügeln und zwischen diesen und den Stirnwänden etwas durchhängt. Bilder vom fertigen Wagen folgen, wenn er denn mal fertig ist. Man hat sicher nichts anderes erwartet :-)


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Zuletzt bearbeitet am 26. September 2009   Technische Probleme? Mail an Webmaster