Der Om-Wagen-Baukasten
Ideen: Verschiedene Autoren
Umsetzung: Erik Meltzer
<ermel@modellbahnfrokler.de>
Die Vorbilder
Ende des nunmehr vorletzten Jahrhunderts teilte sich die bis dahin recht einheitlich verlaufene Entwicklungslinie der offenen Güterwagen in drei voneinander recht klar abgegrenzte Hauptzweige:
- den kurzen "Kohlewagen" mit mittelhohen, fest montierten, meist eisernen Bordwänden,
- den mittellangen "Universalwagen" mit niedrigen, abbordbaren, hölzernen Bordwänden und
- den langen "Kokswagen" mit hohen, fest montierten, hölzernen Bordwänden.
Diese drei Bauarten, deren bekannteste Vertreter wohl die jeweiligen Verbandsbauartwagen O Nürnberg bzw. O 11, O Halle bzw. O 10 und Om Breslau/Essen bzw. Om 12 sein dürften, prägten das Bild der Güterzüge bis etwa zum zweiten Weltkrieg. Besonders die Kokswagen, später als Om-Wagen bezeichnet, waren in rauhen Mengen vorhanden; der Verbandswagen Om 12 war in den zwanziger bis frühen fünfziger Jahren mit über 150.000 Exemplaren sogar der stückzahlstärkste Güterwagen der Welt. Erst in den späten fünfziger und sechziger Jahren wurden die Wagen im großen Stil ausgemustert bzw. zu Omm-Wagen umgebaut.
Entwicklung
Ausgehend vom preußischen Länderbahn-Kokswagen für 15 to Ladegewicht, dem späteren Oc Münster, der erstmals 1892 entstand, passierte die Weiterentwicklung der Kokswagen eher allmählich, in einer Politik der kleinen Schritte sozusagen. Für uns Modellbahner sind aber nur wenige Entwicklungsschritte interessant:
Länderbahn:
- Ab 1904 wurden statt der Fachwerkachshalter solche aus Preßblech verbaut. Gleichzeitig wurden die Wagen etwas schmäler und höher, aber das macht in H0 keinen Millimeter aus und kann daher getrost vernachlässigt werden.
- Ab 1908 erhielten die Wagen verstärkte Federn und Radsätze und durften so 20 to tragen. Bei der Reichsbahn liefen diese Wagen als Om Ludwigshafen, bei der DB als Om 04; es spricht aber einiges dafür, daß auch ältere Oc Münster in Om Ludwigshafen umgebaut wurden.
- Ab 1910 wurde statt des einseitig zugänglichen, offenen, preußischen Bremserhauses das zweitürige mit innenliegender Kurbel verwendet, wie wir es von fast allen Verbandsbauartwagen kennen.
- Ebenfalls ab ca. 1910 erhielten die Wagen ab Werk außenliegende Zugbänder vom Fuß der Türsäule zum Kopf der Ecksäule. Ältere Wagen wurden später entsprechend umgebaut.
Verbandsbauart:
- 1913 wurden mit Einführung der Verbandsbauart (spätere Om Breslau/Essen bzw. Om 12) die Türverschlüsse geändert, die Trittstufe unter der Tür entfiel damit.
- Ab 1918 wurden die Wagen z.T. mit Kunze-Knorr-Druckluftbremse geliefert.
- 1923 wurde die Form des Wagenkastens geändert: statt der Zugbänder kamen Diagonalstreben in die Felder beidseits der Tür, und unter den Tür- und angrenzenden Seitenwandfeldern wurde ein außenliegendes Sprengwerk in der Ebene der Seitenwände gebaut.
- Bei der DB wurden gut eintausend Wagen der älteren Bauform (vor 1923) vollaufgearbeitet; diese Wagen ähnelten danach den späten Verbands- oder Austauschbauwagen; später wurden einige hundert Wagen zu richtigen Austauschbauwagen (Om 21) und rund 1.500 Wagen zu geschweißten Wagen (Om 31) umgebaut (s.u.). Die meisten nicht aufgearbeiteten Wagen erhielten z.T. auch schon vor dem Krieg verstärkte Zugbänder aus L-Profilen statt der originalen Flachstähle.
- Bei den Eisenbahnen des Saarlandes und den ÖBB wurden ältere Wagen statt der Zugbänder mit Diagonalstreben in den Feldern neben der Tür und den Endfeldern versehen. Die SAAR-Wagen kamen so noch zur DB.
- Für die PKP gebaute Wagen unterschieden sich von den deutschen Verbandsbauartwagen praktisch nur durch die Westinghouse-Druckluftbremse statt der Kunze-Knorr-Bremse. Es gab sie in beiden Wagenkastenformen seit dem 2. Weltkrieg auch bei den deutschen Eisenbahnen, wo sie als Om Danzig bzw. Om 90 bezeichnet wurden.
Austauschbauart:
- 1927 entstanden die ersten Austauschbauwagen mit genormten Bauteilen. Sie unterschieden sich von den letzten Wagen der Verbandsbauart durch das geänderte Bremserhaus, andere Achshalter und kleine Änderungen des Wagenkastens und wurden als Om Königsberg bzw. Om 21 bezeichnet.
- Ab 1935 entstanden einige tausend geschweißte Wagen, die sich von den Austauschbauwagen hauptsächlich in Rahmen und Laufwerk unterschieden, wenn man von den fehlenden Nieten und Knotenblechen absieht. Die geschweißten Wagen hatten keine Handbremsen. Eingereiht wurden sie als Om Breslau und Essen bzw. als Om 30 und 31.
- Bei der DB entstanden weitere Om 31 durch Umbau älterer Om 12. Diese Wagen hatten Doppelschakenlaufwerke und z.T. Blech-Wagenkästen und wurden später z.T. mit Rollenlagerradsätzen ausgerüstet.
Überblick über die H0-Modelle
Abgesehen von Fleischmanns Verbandsbauartwagen ist kein H0-Modell restlos befriedigend macht aber nix, denn die meisten Probleme lassen sich durch gezielten Fahrwerkstausch beheben. Im Einzelnen liefern:
- Piko ein Länderbahn-Modell ohne Zugbänder (Om 04) auf einem einigermaßen brauchbaren Austauschbau-Untergestell;
- Fleischmann ein Verbandsbauart-Modell mit Zugbändern (Om 12) auf einem dazu passenden Untergestell mit Preßblechachshaltern, auch mit Bremserbühne oder -haus, letzteres sowohl in der Verbands- als auch in der für den Wagenkasten eigentlich nicht ganz passenden Länderbahn-Variante;
- Märklin ebenfalls ein Modell der frühen Verbandsbauart, aber auf einem Austauschbau-Untergestell, das ohne Handbremse viel zu grob, mit Handbremsbühne dagegen recht gut ausgefallen ist;
- Roco einen etwas zu langen Verbandswagen der zweiten Serie (Om 12), beschriftet als Austauschbau-Wagen (Om 21), auf einem am ehesten der Verbandsbauart entsprechenden Untergestell.
- Außerdem gab es früher von Piko ein weitgehend dem Roco-Modell gleichendes, jedoch maßstäblich langes Modell, ebenfalls als Austauschbau-Wagen beschriftet und auch mit einem schönen Austauschbau-Bremserhaus aber mit Verbandsbauart-Untergestell.
Das sieht jetzt erstmal ziemlich deprimierend aus, oder? Na, das kann man aber ändern. Wozu sind wir Modellbahnfrokler?
Kucken und gezielt zerruppen
Also los. Überlegen wir mal, wie wir die Vorbilder am elegantesten nachgebaut kriegen:
- Ganz frühe Wagen bis 1904 bauen wir aus dem Piko-Wagenkasten mit einem selbstgefrokelten Fachwerkachshalter-Untergestell. Dazu eignet sich fast alles, ich benutze am liebsten die Untergestelle der "Einfachserie" von Roco, wie wir sie unter dem Om 12/21 finden. Welch Zufall!
- Preßblechachshalterwagen von 1904-1908 bauen wir ebenfalls aus Piko-Wagenkästen mit Roco-Untergestellen.
- Wagen mit Zugbändern gibt's fertig von Fleischmann, aber man kann sie auch aus Märklin-Wagenkästen mit Roco-Untergestellen frokeln. Und das bietet sich durchaus auch an. Warum? Siehe drei Punkte weiter unten :-)
- Späte Verbandsbauart-Wagen mit dem neu gestalteten Wagenkasten kommen von Roco, sollten aber minimal verkürzt werden. Beim alten Piko-Wagen spart man sich die Arbeit, wenn man ihn denn irgendwoher auftreibt.
- Will man eine der bis jetzt genannten Bauarten mit Handbremse, wäre ein Fahrwerkstausch mit einem Fleischmann-Wagen am einfachsten; Rocos Handbremswagen umzufrokeln, ist nämlich eine Strafarbeit, und Bremserbühnen nebst Tritten und Geländer im Komplettselbstbau oder von Weinert muß ich mir auch nicht gerade antun... Und alte Piko-Wagen mit Handbremse sind noch seltener als ohne, können dann aber recht einfach mit Fleischmann-Bremserhaus oder -bühne ausgerüstet werden; das Piko-Bremserhaus paßt dann prima zu einem Om 21...
- Austauschbau-Wagenkästen entstehen ebenfalls aus dem von Roco (wiederum leicht gekürzt) oder Piko (alt), ein wenig umgefrokelt und mit (neuen) Piko-Untergestellen ohne Handbremse oder Märklin-Untergestellen mit Handbremse vermählt. Und die übrigbleibenden Teile werden dann Om 04 und Om 12, praktisch...
- Geschweißte Wagen brauchen wir nur ganz wenige, gut so die hatten nämlich größtenteils andere Federn, die wir hier im "Baukasten" nicht finden. Aber beim Umbau von
R 20
bleiben passende Fahrwerke übrig. Blechwagenkästen entstehen im Selbstbau, die Türen und Kopfklappen (auch für die Bretterwagenkästen) spendet der verkürzte Omm 37 aus der
Roco-Einfachserie,
der ja auch der Om 21 entstammt.
- Die SAAR- und ÖBB-Wagen mit Diagonalstreben statt Zugbändern schließlich entstehen analog zu den frühen Preßblechachshalterwagen: Piko-Wagenkasten, Roco-Untergestell und dazu die Streben aus Messing- oder PS-Profil.
Und voila: schon haben wir alle Modelle angemessen verwertet, bloß Märklins Om 12 ohne Handbremse ist im Baukasten nicht sehr sinnvoll, da sein Austauschbau-Fahrwerk nicht mit gutem Gewissen verwendet werden kann (zumindest nicht von mir). Schade müssen meine Modelle eben nach und nach anderswo abfallende Untergestelle bekommen. Ein guter Kandidat ist Fleischmanns Billig-Gr 20: schönes Verbandsbauart-Untergestell richtiger Länge mit Bremsanlage (wichtig, da Märklin-Wagen meist eine EUROP-Beschriftung haben und so beschriftete Om 12 immer eine Druckluftbremse hatten).
Wer jetzt einwendet, daß man so viele Om 04 und SAAR- bzw. ÖBB-Wagen gar nicht braucht, wie Piko-Wagenkästen übrigbleiben, wenn er all seine Roco-Wagen zu Om 21 umfrokelt, dem sei ein Blick auf Pikos G 02 und G 29 geraten: die haben das gleiche Austauschbau-Untergestell, und ihnen steht ein Roco-Fahrwerk, ggf. auch mit Fachwerkachshaltern, auch nicht eben schlecht :-)
Nochmal die Tabelle zum Überblick
Wenn bei den Baugruppen eine Hersteller-, aber keine Typenbezeichnung steht, handelt es sich um die Teile der jeweiligen Om-Wagen: Om 12 von Märklin und Fleischmann, Om 04 von Piko (neu), Om 21 von Roco und Piko (alt). Insbesondere die Untergestelle und Bremserhäuser/-bühnen können aber natürlich auch aus einer Vielzahl anderer Modelle als den hier genannten entnommen werden; nur Austauschbau-Achshalter mit den charakteristischen Einprägungen unter den Federn sind in H0 leider rar.
Typ |
Wagenkasten |
Untergestell |
Bremserhaus |
Bremserbühne |
Oc Münster Om 04 (Fachwerkachshalter) |
Piko neu |
z.B. Roco-Umbau (verkürzt) oder Piko alt-Umbau |
Fleischmann |
Om Ludwigshafen Om 04 (Preßblechachshalter) |
Piko neu |
z.B. Roco (verkürzt) oder Piko alt |
Fleischmann |
Om Ludwigshafen Om 04 (Zugbänder außen) |
Fertige Modelle von Fleischmann |
Märklin oder Piko neu (Umbau) |
z.B. Roco (verkürzt), Piko alt oder Fleischmann-G 20 |
Fleischmann |
Om Breslau/Essen/Danzig Om 12/90 (alte Wagenkastenform) |
Fertige Modelle von Fleischmann |
Märklin oder Piko neu (Umbau) |
z.B. Roco (verkürzt), Piko alt oder Fleischmann-G 20 |
Fleischmann |
Om Breslau/Essen/Danzig Om 12/90 (neue Wagenkastenform) |
Roco (verkürzt) oder Piko alt |
z.B. Roco (verkürzt), Piko alt oder Fleischmann-G 20 |
Fleischmann |
Om Königsberg Om 21 (Austauschbauart) |
Roco-Umbau (verkürzt) oder Piko alt-Umbau |
Piko neu (o. Hbr.) oder Märklin (m. Hbr.) |
z.B. Piko alt |
Märklin |
Om Breslau/Essen Om 30/31 (geschweißt) |
Roco-Umbau (verkürzt) oder Piko alt-Umbau |
z.B. Roco-Umbau (verkürzt) |
Om 12 (ÖBB- bzw. SAAR-Umbau) |
Piko neu-Umbau |
z.B. Roco (verkürzt), Piko alt oder Fleischmann-G 20 |
Fleischmann |
Om 12 (DB-Vollaufarbeitung) |
Roco-Umbau (verkürzt) oder Piko alt-Umbau |
Piko neu |
Om 31 (DB-Umbau aus Om 12) |
Blech: Roco-"Omm 37"-Umbau (verkürzt); Holz: Roco-Umbau (verkürzt) oder Piko alt-Umbau |
z.B. Roco-"R 20"- oder -Omm 52-Umbau, ggf. mit alten Achslagern versehen |
Das alles soll hier in naher Zukunft entstehen. Auch die auf der Om-21-Bremserbühnen-Seite gezeigten Modelle werden im "Baukasten" aufgehen, will heißen: ihre Fahrwerke tauschen und leicht überarbeitet werden. Mehr auch dazu demnächst auf diesen Seiten!
[ Index
| Mail an Erik
]
Probleme, Tips, Ideen zu dieser Seite? Immer zu mir:
webmaster@modellbahnfrokler.de!
Zuletzt bearbeitet am 14. März 2001