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Besprechung: Erik Meltzer <ermel@modellbahnfrokler.de>
Statik der Baukonstruktionen. Haalt! Mooment! Nicht gleich runterscrollen zum Eisenbahnwesen, das hier ist auch interessant. Auch wenn's mit der Berechnung der Tragkraft von Fachwerkträgern ziemlich dröge beginnt und im Statikkapitel nicht viel spannender wird. Wer sowas im Modell frei Schnauze konstruiert, möge hier lesen, ob's hält, was es verspricht; die anderen Abschnitte sind aber inspirierender.
Grundbau. Schon geht's los: Baugrubenaussteifung ist schon so'n Thema, das ich noch nie im Modell umgesetzt gesehen habe. Sohlgewölbe: unter dem Boden liegt das gleiche Gewölbe, das auch die (Keller-)Decke bildet, nochmal. Weiter geht's mit Gründungen im Nassen und Maschinengründungen; wie alle Fundamente sind das Dinge, die man nicht oft sieht und deswegen auch nicht oft nachbauen wird. Aber wenn, dann ist dieser Abschnitt unentbehrlich.
Erd- und Tunnelbau. Böschungswinkel von Dämmen und Einschnitten je nach Boden: das sind keine Normen, sondern Naturgesetze. Nicht so bei den Stützmauern, trotzdem wichtig. Wie man Tunnels baut, ist für die Modellbahn wohl auch nur in Ausnahmefällen interessant; trotzdem habe ich diesen Abschnitt förmlich verschlungen. Beeindruckend!
Eisenbetonbau. Klar: es kommt drauf an, was man draus macht. Zumindest die diversen Betonfachwerk-(!) und -hohlträger machen sich als Ladegut bestimmt nett. Eine Lagerhalle aus Beton mag ich nicht gerade als Modell bauen, aber gut, die Geschmäcker sind verschieden.
Hochbau. Aha! Verschiedene Formen von
Backsteinmauerwerk (Läufer-, Binder-, Kreuz-,
holländischer Verband etc.), Stürze (das sind die
Querträger über Fenster und Türen), Wanddicken,
Kamine, Gewölbe: hier findet der Modellhäuslebauer, was
er dazu wissen muß. Treppenkonstruktionen und
-abmessungen: auch fast Naturgesetze.
Holzfachwerk
in beeindruckend detaillierten Zeichnungen. Gleiches gilt für
den Dachstuhl. Baugerüste: es muß nicht immer Pola
sein. Vorsicht: wer hier zu oft blättert, hat irgendwann
nur noch Baustellen auf der Anlage! Dachbinder und ihre
Verbindungen, auch nett.
Die Dachhaut: wunderbare Detailzeichnungen von Dachrinnen und
Fallrohren, Dacheindeckungen in Blech, Pappe und Ziegel: vier
Seiten nur, aber wertvolle.
Stahlkonstruktionen: ein bißchen Theorie, aber dann: noch mehr Dachbinder, Kuppeldächer, Wellblechdächer etc., wieder alles sehr schön gezeichnet. Anordnung von Oberlichtern und die resultierenden Beleuchtungskurven: wo kommt wieviel Licht an? Wow. Dann wieder Detailzeichnungen zur Monage der Glasflächen. Weiter mit Stahlskeletten für Hallenbauten und Stahlfachwerkwänden. Dann ein Highlight: Schnittzeichnungen von Bahnhofshallen (Berlin Schlesischer Bahnhof, Berlin Alexanderplatz, Berlin Börse, Düsseldorf Hbf, Königsberg, Berlin Friedrichstraße, Oldenburg). Dazu diverse andere Hallen -- Anregungen bis zum Abwinken.
Traggerippe von Mehrgeschoßbauten: Beginnend mit dem Empire State Building (!), wird's doch schnell wieder praxisnäher: Querschnitte von Fabrikhallen, diesmal mehrstöckig. Wer eine Inneneinrichtung vorsieht, erfährt hier, wo die Stützen hingehören. Wie immer viel zu detailliert, aber was soll's? Treppenkonstruktonen, eine sehr schöne Skizze für ein Schiebetor, und weiter geht's mit dem...
Innenausbau. Der Abschnitt über Fenster ist leider nicht so detailliert, wie ich erhofft hatte, wie überhaupt dieser ganze Abschnitt ein wenig enttäuscht. Offenbar unter der Würde eines echten Ingenieurs; dafür gibt's ja schließlich Baumärkte... ;-)
Schließlich Wohnungsbau. Ein paar Maße, ein paar Grundrisse (Einfamilien-Reihenhaus mit Stall und Toilette auf'm Hof: doch, sowas gab's wohl mal), fertig aus. Trotzdem nicht uninteressant. Aufschlußreich auch, wo in diesem Buch die Prioritäten liegen: ein paar Seiten über Wohnungen, ein paar hundert über Industriebauten...
Heizung und Lüftung. Sehr theorielastig, aber auch angenehm kurz. Vergessen wir diesen Abschnitt einfach.
Fabrikanlagen, Garagenbau. Eigenwillige
Kombination, was? Los geht's mit noch ein paar Querschnitten von
Fabrikhallen; diesmal geht's ans Eingemachte: wo gehören
Treppenhäuser und Toiletten hin, was ist zum Brandschutz zu
bedenken etc. Weiter: Shedhallen, Anordnung von
Transmissionsgerüsten (denn damals hatte nicht jede Maschine
ihren eigenen Motor!) und Laufkranen, Silos.
Bau und Einrichtung von Werkstätten: Schöne
Detailzeichnungen von Werkbänken, vorteilhafte Anordnung von
Maschinen bis hin zu beispielhaften Grundrissen und Anordnung der
Räume z.B. einer Gießerei. Danach baust Du keine
Fabrik mehr einfach so aus der Schachtel! Nochmal zu
Transmissionen, über die Reihenfolge mich zu wundern hab ich
schon länger aufgegeben. Und immer wieder sehr
nachbaureizinduzierende
Querschnitte
von Gebäuden... Details wie Toilettenanlagen, die man nicht
wirklich benutzen wollen würde (das Buch ist von '36, da gab's
noch keine Geruchsverschlüsse), oder Trinkbrunnen wechseln sich
stetig ab mit Grundlagen wie der Anordnung von Übergabegleisen
und Grundrissen ganzer Fabrikanlagen und Industriesiedlungen. Toll.
Fabrikschornsteine: leider keine Zeichnungen, aber ein netter Realitätscheck für alle, die den von Kibri für groß halten: 154 Meter hoch und 6,5 Meter lichte Weite sind in H0 fast zwei Meter bzw. rund acht Zentimeter! Mindesthöhen stehen hier nicht (dafür wird auf DIN verwiesen), aber weniger als 50 cm sind sicher untertrieben. Man gut, daß es sowas auch aus Eisenbeton gab, auch wenn Ziegel, wie man hier lernt, bauliche Vorteile haben.
Garagenbau: Wem schon immer mal der Sinn nach einem Parkhaus stand, der lernt hier, wie sowas in der Epoche 2 aussah. Da gab es offenbar "gewerbliche Mietsgaragen mit umlaufender Fahrstraße, zentralem Waschplatz, Boxen und Freiständen, Läden und Reparaturwerkstatt"; wo finde ich heute sowas für meine Bulli-Sammlung? Aber ich schweife ab -- und vielleicht bau ich sowas wenigstens mal im Modell...
Baumaschinen. Warum jetzt noch ein Abschnitt
über Bagger kommt (vgl. Band II)? Keine Ahnung. Aber der
hier ist auch spannend. Lauter Geräte, die es heute kaum
noch gibt: Schürfkübel- und Löffelbagger z.B.,
Schleppschaufeln und Planierpflüge. Und jedes davon
wäre eigentlich ein eigenes Diorama wert... Betonmischer
(auch ortsfeste!) und Betoniergeräte sind weniger spannend,
da es keine Modelle gibt und die Zeichnungen zum Nachbau nicht
detailliert genug sind. Für Rammen und Pfahlzieher gilt
leider dasselbe. Hallo Weinert, hier ist noch ein Thema für
Euch!
Wasserwirtschaftstechnik. Von einigen
Skizzen zur "Wildbachverbauung" abgesehen, nicht so unmittelbar
zu gebrauchen -- wer hat schon Platz für'n Kanal auf der
Modellbahn, geschweige denn für 'ne Talsperre? Und wer baut
schon die Abwasserkanäle unter seiner Stadt nach?
(Obwohl... 'n netter Gag für den Anlagenrand wär's
schon, oder?) Auch Grundrisse von Schwimmbädern sind eher
von akademischem Interesse (es hat sich schon einiges
verändert in den letzten 64 Jahren). Sickergruben? Man
wird im Modell wohl allenfalls die Deckel nachbauen...
Straßenbau und Siedlungswesen. Wer schon immer die Formel für die Verbreiterung von Straßen in Abhängigkeit vom Kurvenhalbmesser suchte: hier steht sie, nebst anderen Richtlinien zu Straßenbreite und Hausabstand für den verantwortungsbewußten Modellsiedlungsplaner. Interessant der Oberbau: durch Ölung befestigte oder geschotterte Straßen waren damals noch so üblich, daß ihre Beschreibung mehr Raum einnimmt als die von Beton- und Asphaltstraßen. Steinpflasterstraßen kennt man (noch); Holz- oder Gummipflaster, Stahlplatten oder -roste, Baumwoll- oder Jutegewebe mit Teer- oder Asphalttränkung dagegen muten bizarr an. Wer hat Fotos? Interessant auch, daß Straßenreinigung damals offenbar automatisch Besprengen mit Wasser bedeutete. Auch ein lohnendes Motiv im Modell, oder?
Im Siedlungsbau dann Hinweise zur Anlage von Kreuzungen, Kreisverkehren und Plätzen, die wohl kaum im Modell umsetzbar sind; auch ein ganzer Wohnblock ist dazu wohl schon zu groß, aber auch hier gilt: wer das Ganze kennt, kann den Teil überzeugender darstellen. Bei den Absätzen zu Monumentalgebäuden und den Plätzen davor merkt man, zu welcher Zeit sie geschrieben wurden. Grundrisse von Sportanlagen, aber so groß ist kaum eine Anlage, daß man das Berliner Olympiagelände... aber lassen wir das.
Brückenbau. Grundlagen zu den Abmessungen und dem lichten Raum darunter: sehr hilfreich. Jede Menge trockener Berechnungsgrundlagen, aber auch ein paar brauchbare Skizzen, sowohl vom Bauprinzip als auch von Details. Hier kann man schmökern bis zum Abwinken und wird von der Detailfülle fast erschlagen. Aber uns interessiert der nächste Abschnitt viel mehr: wir kommen endlich zum...
Eisenbahnwesen. Ein paar Seiten Theorie, dann geht's los: Lichtraumprofile, Gleisabstand, zulässige Geschwindigkeit auch in Kurven und Steigungen, Anlage des Unterbaus, Entwässerung des Bahnkörpers, Spurerweiterung im Gleisbogen, Überhöhung, Übergangsbogen, Schienenprofile und -längen (die 10 m auf Rocos SS 15 gab's beim Vorbild nicht!), Schwellenformen von Holz- und Stahlschwellen (Betonschwellen gab's 1936 wohl noch nicht), Detailzeichnungen von Schienenbefestigungsteilen (Kleineisen) diverser Bauformen, Schienenverbindungslaschen, Zwangsschienen. Und dann die Weichen: Geometrie, Detailzeichnungen einiger Bauteile; nicht so ausführlich wie in Hp1, aber schön. Anlage von Bahnübergängen, Anschlußgleisen etc. eher knapp beschrieben, schade. Ebenso die Anlage von Bahnhöfen; nur Text, ein paar Mindestabmessungen -- hilfreich, aber nicht faszinierend.
Interessant die Skizze einer Drehscheibe mit mehrfach sich
überschneidenden Anschlußgleisen: vier Gleise,
fünf Herzstücke, etwas für Modellbahnmasos also.
Weiter jede Menge Text zur Anlage von Bws, leider keine Skizzen.
Dafür solche von Stellwerkseinrichtungen und Blockanlagen,
einem Schienenkontakt (wir nennen sowas "Schaltgleis") etc.,
wieder mal viel zu ausführlich... Weiter geht's mit
elektrischen Anlagen: Fahrleitungen und ihre Isolatoren,
Stromschienen und wieder jede Menge Theorie dazu. Auch
schön.
Jetzt aber: Eisenbahnfahrzeuge. Umgrenzungslinien,
Detailzeichnungen von Radsätzen, Achslagern,
Federaufhängungen, Puffern, Kupplungen... Ausführliche
Beschreibungen mit Prinzipskizzen von Bremsanlagen. Es folgt
massenhaft Theorie zur Konstruktion von Dampf- und E-Loks, erste
Ansätze von Dieselloks, mit ein paar groben Skizzen.
Interessant, aber für Modellbahner wenig umsetzbar.
Spannender die Abschnitte über Personenwagen (mit Skizzen
vom
Kastenfachwerk)
und natürlich vor allem Güterwagen, auch wenn
hier Skizzen schmerzlich fehlen.
Eisenbahnwerkstätten sind natürlich auch interessant: Schemaanordnung eines Aw, Erklärung der dort stattfindenden Arbeiten etc. -- man braucht es nicht, aber es liest sich nett.
Bergbahnen: Zahnstangenbauarten, Zahnstangenweichen, Triebfahrzeuge; alles nicht sehr ausführlich. Standseilbahnen, Schwebebahnen, naja.
Die Bezirks- und Nahverkehrsmittel. Linienführung von Straßenbahnen, Arten der Einpflasterung -- das kommt alles wie gerufen angesichts meiner Anlagenplanung, toll. Zu den Betriebsmitteln nur ein wenig Theorie, schade. Gleiches gilt leider auch für S-Bahnen, Hochbahnen und dergleichen: Hier hätte ich mir genauere als die vorhandenen Zeichnungen gewünscht.
Insgesamt ist der Abschnitt über's Eisenbahnwesen weniger beeindruckend, als ich eigentlich dachte; andererseits muß man auch verstehen, daß es dafür auch eigene Fachbücher gibt. Eins davon, den Röll, hat Frank ja schon besprochen; daß ein paar dutzend Seiten in der Hütte da nicht mithalten können, war eigentlich klar.
Kaufen! Auch wenn das Eisenbahnwesen nicht so ausführlich ist wie erhofft, das Bauwesen entschädigt dafür. Ein tolles Buch, das seinen Platz auf Modellbahnpfuschers Bücherbrett verdient.
Einen Neukauf für Modellbahnzwecke ist die Hütte m.E. nicht wert. Das hat mehrere Gründe: zum einen die wahrlich prohibitiven Preise im dreistelligen Euro-Bereich, zum anderen der vermutlich drastisch geänderte und damit unseren Epochen fernere Inhalt. Wer wie ich ältere Ausgaben aber irgendwo gebraucht findet, sollte unbedingt zuschlagen. Von den direkt verwertbaren Skizzen einmal abgesehen, bieten die Bücher interessanten Lesestoff und Anregungen in Hülle und Fülle; detailliertere Beschreibungen und Hinweise sollten sich in Bibliotheken finden lassen, wenn auch das Aufspüren der in den zahlreichen Literaturverweisen genannten Werke heute sicher nicht mehr einfach ist.
Vor dem Kauf sollte man aber wohl die Daten der Bücher mit der selbstgewählten Epoche vergleichen; spätere Ausgaben enthalten vermutlich viele der interessanten Sachen wie Holzfachwerk oder Schotterstraßen nicht mehr so ausführlich. Meine Bücher aus den 30er bis 50er Jahren sind jedenfalls für Epoche 2 und 3 sehr brauchbar.
Wie dem auch sei; man sollte sich als Modellbauer m.E. mal in der Bücherei ein paar Stunden Zeit für Primärliteratur nehmen. Ich fand das Ganze jedenfalls in weiten Teilen interessanter als Bücher oder Zeitschriften für Modellbahner, gerade weil hier mehr der eigenen Phantasie überlassen bleibt. Wer weder ein Vorbild sklavisch nachbauen noch auf dem Niveau von Faller-Katalog und Miba verharren mag, dem sei die Hütte als Ideenspender angeraten. Doch Vorsicht: sie ist eine nicht zu unterschätzende Einstiegsdroge! :-)
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